Für den deutschen Fußballer Fabian Herbers ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Mit Hilfe eines Fußball Stipendiums hat er das Sprungbrett "College Fußball" innerhalb von 3 Jahren und 28 geschossenen Toren für die Creighton University perfekt für sich ausgenutzt und spielt seit 2016 erfolgreich in der amerikanischen Profi-Liga MLS - erst für Philadelphia Union aktuell bei Chicago Fire und in der letzten Saison gemeinsam mit Bastian Schweinsteiger.
In einer eigenen Kolumne bei MONACO SPORTStipendium berichtet er nun regelmäßig über seine Erfahrungen als deutscher Profifußballer in Amerika.
Viel Spaß beim Lesen und Schauen, einen besseren Einblick aus erster Hand kann es nicht geben!
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5verdient Lion Fabian für seine Zielstrebigkeit
Folge 9 - Die WM
WM - Folge
Die Weltmeisterschaft ist inzwischen schon seit über einer Woche unterwegs und es gibt leider immer noch keine Spur von Euphorie für das Event im sommerlichen Philadelphia, PA.
Wenn ich mich an den Sommer 2014 erinnere, wie ich angetrunken mit meinen Freunden in die Innenstadt gezogen bin, um auf der großen Fernsehleinwand unsere deutsche Nationalelf lautstark anzufeuern, muss ich ehrlich gestehen, dass ich es schon vermisse, während der Weltmeisterschaft in Deutschland zu sein. Das Gefühl von starkem Zusammenhalt, enger Freundschaft und nationaler Identität sind unbezahlbar, wenn das größte Sportereignis der Welt über 4 Wochen vonstatten geht. Überall wehen Deutschlandfahnen in schwarz rot gold, alles dreht sich in den Medien um den Fußball und selbst viele Frauen entwickeln sich in der Zeit zu wahren Fußballexperten. Zumindest glauben sie das… Spaß!
Für mich war es einfach immer ein unvergleichbares Erlebnis, wenn die schönste Nebensache der Welt plötzlich zur Hauptsache wurde und eine ganze Nation durch den Sport vereint war.
Hier in den Staaten ist das ganze Spektakel eher nebensächlich.
Zum einen liegt der Grund darin, dass sich die USA gar nicht erst für das Turnier qualifiziert hat. Klinsmann, der das US Men’s National Team zur WM 2018 führen sollte, wurde nach mageren Leistungen in der Qualifikation frühzeitig beurlaubt. Auch sein Nachfolger, Bruce Arena, konnte das sinkende Schiff nicht mehr retten, sodass die USA sich gegen alle Erwartungen nicht für das Turnier qualifizieren konnte. Gerade in einer eher einfachen Gruppe mit Mexiko, Costa Rica, Honduras, Panama und Trinidad & Tobago konnten die Spieler es nicht bewerkstelligen mindestens dritter zu werden. Selbst als viertplatzierter hätten sie noch die Chance gehabt, sich in einem Playoff-Spiel gegen Australien zu qualifizieren. Jedoch kamen die Amis in der Gruppe nicht über einen fünften Platz hinaus und verpassten somit die Qualifikation, was sehr enttäuschend war für den Fußball im gesamten Land. What a shame!
Zum anderen sind es die Anstoßzeiten, die jegliches Interesse für das Turnier im Keim erdrücken. Die Spiele werden um 8-, 11- und 14 Uhr übertragen, sodass die meisten Leute schlicht nicht gucken können, weil sie arbeiten müssen.
Zwar ist das Interesse an Fußball in den vergangenen Jahren in den Staaten extrem angestiegen, aber es ist doch noch nicht so groß, dass die Leute deswegen alles stehen und liegen lassen. Selbst ich habe jeden Morgen eine Trainingseinheit, sodass ich täglich mindestens ein Spiel verpasse, was mich als wahrer Fußballfan tierisch nervt. Dennoch schaue ich mir die meisten Spiele an; sei es mit Teamkollegen oder auch alleine vor dem Fernseher. Aber das ist natürlich sehr trist, wenn ich daran denke, wie ich es vor 4 Jahren erlebt habe, als Deutschland den Titel geholt hat.
Ich weiß es noch als wäre es gestern wie Deutschland Argentinien in einem hart umkämpften Finale mit 1:0 bezwang. Obwohl Mario Götze in der 113. Minute nach seiner Einwechslung das entscheidende Tor der Partie erzielte, blieb mir bis heute immer nur ein Bild vor Augen: Das Bild wie Bastian Schweinsteiger mit einer Platzwunde unter dem rechten Auge nach einem Zweikampf mit Agüero blutend vom Platz lief. Für mich war diese Platzwunde symbolisch für seinen unbändigen Willen, dieses Spiel zu gewinnen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Schweini durch seinen Kampf, seine Leidenschaft und seine Führungskraft der Hauptfaktor dafür war, dass die deutsche Mannschaft am Ende als Sieger vom Platz ging. Mit dem WM-Titel hat er definitiv seine Karriere perfekt gemacht und wurde zurecht als Held der Nation gefeiert.
Hätte mir damals jemand gesagt, dass ich in 4 Jahren mal in einem professionellem Fußballspiel gegen die Legende Bastian Schweinsteiger spielen würde, hätte ich ihn für absolut dumm verkauft. Hallo? Vielleicht mal gegen irgendeinen Hans Wurst in der dritten Bundesliga, aber doch nicht gegen einen Weltstar wie ihn.
Da hab ich mich wohl getäuscht… Inzwischen spielen wir beide in der Major League Soccer, er bei Chicago Fire und ich bei Philadelphia Union. Leider war er im letzten Jahr häufig verletzt, sodass ich ihn nie persönlich getroffen habe. Vor ein paar Wochen jedoch kam er mit seiner Truppe nach Philadelphia, um sich eine 2:1 Niederlage abzuholen. Ja, auch wenn sich das großkotzig anhören mag, sind wir jetzt Konkurrenten. Auf dem Platz ist all das, was er in der Vergangenheit geleistet hat, nebensächlich und es geht lediglich um den Erfolg der eigenen Mannschaft. Im Spiel spielte Schweini in der ersten Halbzeit eine Art Libero in einer 5er-Kette und in der zweiten Halbzeit rückte er dann vor auf die 10er Position, nachdem Chicago in Rückstand geraten war. Er ist nicht mehr der schnellste, aber sein Passspiel und seine Übersicht sind immer noch auf aller höchstem Niveau. Zudem zeigte er trotz der geringeren Qualität seiner Mitspieler (verglichen mit Bayern München oder Deutschland) immer noch den Ehrgeiz und die Leidenschaft, das Spiel um jeden Preis gewinnen zu wollen.
Ich habe es mir natürlich nicht nehmen lassen, nach dem Spiel ein wenig mit ihm zu plaudern. Ich war erstaunt darüber, wie normal und cool Schweini tatsächlich war. Lächelnd kam er mir entgegen und reichte mir die Hand. Er ahnte, “Ah du bist der Deutsche?!” Ja, der war ich. Ich stand ihm direkt gegenüber und war anfangs zugegeben schon ein bisschen nervös. Immerhin reden wir hier immer noch von Bastian Schweinsteiger. Die Nervosität verflog aber schnell. Wir sprachen über das Spiel, über die MLS generell und lästerten ein wenig über die Amis. Es kam mir vor als würde ich mit einem Freund aus Deutschland reden, den ich lange nicht mehr gesehen hatte. Ich hätte wahrscheinlich stundenlang mit ihm reden können, aber sein Sicherheitspersonal wartete schon, um ihn sicher zum Mannschaftsbus zu bringen. Ich machte noch schnell ein Foto zur Erinnerung und dann verabschiedeten wir uns, indem wir uns gegenseitig alles Gute für den Rest der Saison wünschten.
Rückblickend für ein einmaliges Erlebnis. Die beste Entscheidung meines Lebens bisher bleibt die, aufs College gegangen zu sein. All diese Erfahrungen hätte ich mir niemals erträumen lassen, wenn ich mein Leben nicht in die Hand genommen hätte und die waghalsige Entscheidung getroffen hätte, in den Staaten zu studieren. Mein Profitraum hat sich erfüllt und ich bin dem deutschen WM-Helden von 2014 auf Augenhöhe begegnet. Wer kann das schon von sich behaupten? Da nehme ich es auch mal in Kauf eine Weltmeisterschaft alleine vor dem Fernseher zu verbringen…
8. August, 2013. Stillschweigend starrte ich aus dem Fenster. Die Motorengeräusche wurden lauter. Das Flugzeug beschleunigte. Die Geschwindigkeit presste mich heftig in meinen Sitz. Ein mulmiges Gefühl überwältigte mich.
Tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich atmete tief ein - und aus. Ich merkte, wie der Flieger sanft abhob. Ich schloss die Augen und eine Träne lief mir an der Wange herunter. Viele Tränen folgten und mich überkam ein Gefühl absoluter Einsamkeit. Ich erinnere mich noch genau, wie ich einsam komplett auf mich allein gestellt im Flugzeug saß. Es ging früh morgens von Düsseldorf zunächst 8 Stunden nach Atlanta, Georgia und von dort weiter in ca. 2,5 Stunden nach Omaha, Nebraska. Omaha liegt quasi irgendwo im nirgendwo: Eine amerikanische Kleinstadt mit 500.000 Einwohnern am westlichen Rande des Corn Belts (Maisgürtel) der USA.
Dort hatte ich ein Fußballstipendium an der Creighton University akzeptiert. In gut 12 Stunden würde mich der Co-Trainer der Creighton Bluejays, Johnny Torres, am Flughafen in Omaha abholen und mir mein neues zu Hause zeigen.
“Halte einfach nach einem kleinen braun gebrannten Kolumbianer Ausschau”, hatte mir mein zukünftiger Coach Elmar Bolowich gesagt. Bolowich war einer der erfolgreichsten College Coaches für Fußball in den Vereinigten Staaten. Mein Vorteil war, dass er ebenfalls Deutscher war, was die Kommunikation und die Entscheidung für Creighton zu spielen extrem erleichterte. Er hatte mir am Telefon über das Stadion, die Fans und die sportlichen Einrichtungen am Campus der Universität erzählt. Dazu erwähnte er die Auswärtsspiele, die in der Saison anstünden in Großstädten wie New York, Chicago und Washington DC. Bolowich hatte mein Interesse schnell geweckt und ich traf kurzfristig die Entscheidung das Stipendium am College anzunehmen. Klar hörte sich alles besonders toll an, aber ich hatte letztlich nicht die geringste Ahnung wie es in Wirklichkeit aussehen würde. Ich vertraute einfach meinem Instinkt und den Worten von Bolowich.
Dennoch wurden die Zweifel in meiner Einsamkeit im Flugzeug immer größer.
‘Was, wenn Bolowich gelogen hatte? Was wenn die Uni ein reiner Trümmerhaufen ist? Mit einem Fußballteam, dass nicht mal in der Kreisliga A mithalten kann? Was, wenn die Menschen dort alle komisch sind und ich keine Freunde finde? Was, wenn ich nach 2 Wochen einfach nur noch nach Hause will, weil mein Heimweh so riesig ist, dass ich es nicht mehr aushalte?’ Das wäre eine Katastrophe. Ich wollte nicht scheitern. Stolz hatte ich alle meinen Freunden und Bekannten von meinem Vorhaben erzählt, in den Staaten zu studieren. Viele haben sich für mich gefreut wünschten mir viel Glück. Einige hatten keine Zuversicht in mein Vorhaben und meinten, dass ich es eh nicht lange aushalten würde. Gerade diesen Leuten wollte ich es beweisen. Ich wollte zeigen, dass ich erwachsen und selbständig genug war, um meinen eigenen Weg zu gehen. Ich wollte auf keinen Fall scheitern und schon nach kurzer Zeit das Kapitel USA aufgeben.
Meine Gedanken schweiften weiter zu meinen Eltern. Vor zwei Stunden hatte ich meine Eltern noch feste im Arm bei der Verabschiedung. Diese Umarmung bedeutete Sicherheit, Geborgenheit und Kontrolle über mein Leben. All das war jetzt vorbei. Wie viel würde ich jetzt dafür geben, sie noch einmal ganz feste in den Armen zu halten. Unter Tränen mussten sie ihren einzigen Sohn in die große weite Welt entlassen. Ich hatte versucht so emotionslos wie nur möglich zu wirken, damit sie sich keine großen Sorgen machten. Ich tat so, als wüsste ich, was mich in den USA erwartete, und als sei ich bereit für die große Veränderung in meinem Leben.
“Hast du alle Papiere dabei? Guck lieber nochmal nach, bevor du durch die Security gehst”, hatte mein Vater gesagt. Nervös schaute ich in meinem Rucksack nach und natürlich war die Mappe noch da. Reisepass? Check. Visum? Check. I-20-Papiere mit der Bestätigung der Uni? Check. “Pass gut auf dich auf. Melde dich direkt, wenn du angekommen bist”, bat mich meine Mutter.
“Jaja, Mama. Ich bin ja kein kleines Kind mehr”, erwiderte ich selbstbewusst, wie ich es immer tat. Doch in Wirklichkeit war ich das. Ich war noch ein kleines Kind. Zwar war ich 19 Jahre alt, aber ich wusste weder wie ich meine eigene Wäsche wusch noch wie ich mir etwas Gescheites zu essen kochte. Meine Mutter hatte alle diese Aufgaben immer wie selbstverständlich übernommen. Mein Vater hatte sich hingegen um die Finanzen gekümmert, mein Bankkonto verwaltet und mich zu meinen Fußball Spielen gebracht bis ich 18 Jahre alt war und selber fahren durfte. Deshalb hatte ich mir mein ganzes Leben nie Sorgen um irgendetwas machen müssen. Meine einzige Aufgabe war es, einmal in der Woche die Mülltonnen an die Straße zu stellen und selbst das vergaß ich des Öfteren. Meine Bilderbuch-Kindheit und Jugend habe ich meinen Eltern zu verdanken. Alles war immer reibungslos und ohne größere Probleme abgelaufen.
Jetzt war das alles vorbei.
Ab jetzt war ich vollkommen auf mich allein gestellt.
Bei dem Gedanken daran wurde ich panisch. Mir wurde heiß und kalt zugleich.
Meine Füße schliefen ein und ich verspürte den Drang aufzustehen und mich zu bewegen. Das Rütteln des Flugzeugs unterstützte mein Unwohlsein ebenfalls. Ich schnallte mich ab, stand auf und tat so als wenn ich irgendetwas in meiner Tasche suchte. In der Gepäckablage fand ich die Fotocollage, die meine Freunde mir zum Abschied mitgegeben hatten. Die Collage war ein gelungenes Abschiedsgeschenk, das sie mir gemacht hatten. Dort waren all die schönen Momente abgebildet, die wir gemeinsam erlebt hatten. Ob als Kinder auf dem Fußballplatz, ob betrunken und verkleidet auf den Karnevalsparties oder einfach als 16-Jährige Poser vor dem Spiegel mit unseren modernen 2 Megapixel Handykameras. Einmalig. Diese Erinnerungen brachten mir ein Lächeln auf die Lippen, doch ließen mich noch mehr an meine Entscheidung zweifeln.
’Warum machst du das überhaupt? Warum bleibst du nicht einfach in Deutschland. Wieso haust du einfach ab? Du hast so viele gute Freunde hier.
Du hättest doch hier auch eine rosige Zukunft haben können. Mit deinem Abi-Schnitt hätte dich bestimmt eine Uni angenommen und du hättest gleichzeitig mit deinen Freunden weiterhin Fußball spielen und auf Partys gehen können. Zudem wärst du nur eine Stunde von zu Hause weg gewesen.
Du hättest selbständig leben können und deine Eltern alle 2 Wochen besuchen können. Alles hätte so einfach sein können, aber du musstest ja wieder den Held spielen und ans andere Ende der Welt ziehen.'
“Would you like any beverage, Sir?”
Meine Gedanken wurden von der Stewardess unterbrochen. Ich hatte nicht ganz verstanden.
Völlig überrumpelt entgegnete ich scheinbar unhöflich: “What?”
Ihr aufgesetztes Lächeln verschwand und sie wiederholte drängend: “Would you like any beverage?”
Ich konnte sie immer noch nicht verstehen und schaute sie einfach fragend an.
Genervt fuhr sie fort. “Water, Coke, Coffee, anything?” “Ähm, just water, please”, antwortete ich leise und beschämt. Ich konnte nicht einmal eine simple Frage einer Stewardess beantworten. Wie sollte ich dann in den USA an einer Privatuniversität auf Englisch studieren können? Klar sprach die Stewardess schnell und mit einem starken amerikanischen Akzent, aber würden das nicht in wenigen Stunden alle Menschen tun? Erneut wurde ich in meinem Misstrauen der Entscheidung bestätigt. Ich konnte nicht mal gescheit Englisch sprechen. Mein Schulenglisch, das seit der 5. Klasse lernte, hatte mich eiskalt im Stich gelassen. Ich konnte Gedichte von Shakespeare analysieren, aber hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was ich antworten sollte, wenn man mir eine einfache Frage nach einem Getränk stellte.
‘Wie willst du in der Uni deinen Abschluss schaffen, wenn du in den Vorlesungen die Hälfte der Wörter nachschlagen musst?
Wie wirst auf dem Fußballplatz Erfolg haben, wenn du die taktischen Anweisungen deines Trainers nicht verstehst?
Wie willst du überhaupt Freunde finden, wenn du wahrscheinlich nicht mal in der Lage bist längere Konversationen zu führen.'
Doch was nützten mir all die Bedenken, wenn ich es jetzt eh nicht mehr ändern konnte. Die Entscheidung war getroffen und es gab kein Zurück mehr. Es gab zwei Möglichkeiten, wie ich die Sache angehen konnte. Entweder konnte ich weiterhin den armen kleinen Jungen spielen, der voller Traurigkeit an die Vergangenheit dachte. Oder ich konnte meine Ärmel hoch krämpeln und das Abenteuer wenigstens mit einem Hauch von Optimismus angehen. Was konnte schon passieren? Im schlimmsten Fall würde in der Uni nicht klar kommen, den Fußball als schlecht empfinden und womöglich keine Freunde finden. ‘Ja und?’, dachte ich. ‘Nach 4 Monaten kannst du immer noch zurück nach Deutschland. Aber wenigstens kannst du in den Spiegel schauen und erhobenen Hauptes sagen, dass du es versucht hast. Du bist ein Risiko eingegangen und es hat nicht geklappt. Das geschieht nun mal im Leben. Im besten Fall jedoch wirst du jedoch dein Englisch perfektionieren, große Siege mit deiner neuen Mannschaft einfahren, gute Noten in der Uni schreiben und mit all deinen neuen Freunden auf die berühmten College-Partys gehen. Hinzu kommt, dass du auf jeden Fall ein neues Land und Kultur kennenlernen wirst, sodass du zumindest deinen eigenen Horizont erweitern wirst. Und vielleicht lernst du ja sogar, wie man Wäsche wäscht und kannst deiner Mama stolz davon berichten, wenn du über Weihnachten zurück nach Deutschland kehrst.
Es ist alles im Kopf. Die Mentalität entscheidet über Erfolg und Scheitern. Ich musste es wenigstens versuchen. Ich redete mir gut zu und malte mir Szenarien aus, wie ich sie in den Filmen gesehen hatte.
Beruhigt saß ich nun in meinem Sitz und kramte eine Packung Schlaftabletten aus meinem Rucksack. Davon nahm ich 3, obwohl nur 2 verschrieben waren (ich Hartsau). Ich wollte einfach einschlafen, damit die Zeit schneller verging. Jetzt konnte ich es kaum erwarten mein neues Leben zu beginnen. Voller Vorfreude hob ich den Plastikbecher mit Wasser und flüsterte leise einen Toast. “Auf deine Freiheit”, zelebrierte ich und schluckte alle 3 Kapseln auf einmal. Ich lehnte mich zurück, schloss meine Augen und schlief in tiefer Zufriedenheit unmittelbar danach ein.
Exklusives Lions Team
Jedes Jahr arbeiten wir mit einer begrenzten Anzahl von 50 gut ausgewählten Sportler(innen) zusammen, die das Herz, den Mut und die Entschlossenheit eines Lion haben. Wirst du einer davon sein? Bist du bereit für uns?
Folge 7: Die Unterschiede im Fußball in Deutschland und den USA
Der Fußball ist anders in allen Ländern, Ligen und Kulturen dieser Welt. Um ein paar Beispiele zu nennen, haben wir in Spanien zum Beispiel das Tiki Taka, wo der technische Aspekt und Ballbesitz ganz oben steht. In England gab es lange Zeit das “Kick and Rush” mit vielen langen Bällen und möglichst bulligen Stürmern. In Deutschland hingegen wird das taktische Verständnis und der Mannschaftsgeist immer ganz groß geschrieben. Natürlich ist dies immer von Verein- und Trainerstruktur abhängig, aber ich behaupte, es lassen sich gewisse Muster feststellen. Trotz dieser Unterschiede bleibt jedoch der Fußball an sich jedoch immer der gleiche.
Anders ist dies im College! Der Fußball unterscheidet sich hier nicht nur in der Spielweise, sondern auch im Regelwerk. Die Regeln unterlaufen nicht der FIFA, sondern der NCAA (National College Athlete Association). Deshalb gibt es gewisse Abweichungen, welche den Sport in einer Weise “amerikanischer” machen. Manche Abweichungen im Regelbuch sind tatsächlich gar nicht so schlecht und würden den traditionellen Fußball vielleicht sogar etwas attraktiver machen. Andere mögen euch jedoch schwachsinnig erscheinen und gar keinen Sinn ergeben. In dieser Folge möchte ich euch 3 gravierende Unterschiede aufzeigen, die euch überraschen mögen und von denen ihr zum Teil noch nie etwas gehört habt. Dabei möchte ich auch die Vorteile und Nachteile dieser Unterschiede hervorheben.
Die Zeit
Wie wir alle wissen, läuft die Uhr im Fußball vorwärts in zwei 45 minütigen Abschnitten bis zur 90. Minute. Die Nachspielzeit pro Hälfte wird jeweils von den Unparteiischen bestimmt und reicht normalerweise zwischen eine und fünf Minuten, in Ausnahmen auch mal länger. Im College hingegen läuft die Uhr rückwärts! Die Stadionuhr wird jede Halbzeit auf 45:00 gestellt und läuft runter bis auf 00:00. Eine Nachspielzeit gibt es nicht. Stattdessen wird die Zeit bei Spielverzögerungen wie eine Stoppuhr angehalten. Beispielsweise bei einem Tor, einer gelben/roten Karte oder einer Auswechselung gibt der Schiedsrichter ein Signal, dass die Zeit angehalten werden soll.
Der Vorteil liegt darin, dass es eine reine Nettospielzeit von 90 Minuten gibt. Im traditionellen Fußball passiert es oft, dass beispielsweise Spieler der führenden Mannschaft eine Verletzung vortäuschen, um Zeit zu schinden. Oder auch kommt es vor, dass der Torwart sich beim Abstoß besonders viel Zeit lässt und manchmal bis zu 30 Sekunden pro Abstoß rausholt. Alle diese unsportlichen Vorkommnisse werden im College verhindert, da der Schiedsrichter einfach die Zeit anhalten kann, wenn er das Gefühl hat, dass mit unfairen Mitteln gespielt wird. Dies macht den Fußball im College “echter” bzw. fairer, da Oscar reife Showeinlagen verhindert werden.
Der Nachteil liegt jedoch darin, es kein Erbarmen gibt, wenn die Zeit auf null steht. Stellt euch vor, ihr lauft gerade 1 gegen 1 auf den gegnerischen Torwart zu, und seid dabei das Führungstor für eure Mannschaft zu schießen. Doch plötzlich ertönt die Stadionglocke und das Spiel ist vorbei. Ziemlich ärgerlich was? Zwar ist dies eine sehr extreme Situation, aber sie kann durchaus vorkommen. Viele Spiele im traditionellen Fußball erreichen ihren Höhepunkt erst in der Nachspielzeit. Zum Beispiel im Champions League Finale 1999, in dem Machester United mit David Beckham das Spiel erst in der Nachspielzeit gegen Bayern München gedreht hat. Solche dramatischen Spielwendungen gibt es im College durch die fehlende Nachspielzeit (leider) nicht.
Das Wechseln
Früher gab es im traditionellen Fußball überhaupt nicht die Möglichkeit einen Spieler auszuwechseln. Diese Regel wurde mehrfach geändert, sodass seit 1958 einmal, seit 1988 zweimal und seit 1995 dreimal pro Spiel und Mannschaft gewechselt werden darf. Dies ermöglicht den Mannschaften zum Einen, verletzte oder erschöpfte Spieler zu ersetzten und zum Anderen, taktische Veränderungen vorzunehmen. Im College sind die Regeln zum Wechseln viel freier. Unter den Regeln der NCAA dürften theoretisch 11 Spieler auf einmal gewechselt werden. Zwar gibt es ganz spezifische Regeln, wie oft ein Spieler ein- und ausgewechselt werden darf, aber im Prinzip darf ein Trainer so oft wechseln, wie er will. Dies gibt dem Spiel an sich viel Flexibilität und Veränderung, was ebenfalls Vor- und Nachteile mit sich bringt.
Ein Vorteil ist, dass jeder Spieler in der Mannschaft eine Rolle hat. Wenn ein Spieler zum Beispiel nicht in der Startaufstellung steht, ist er nicht beleidigt, da er weiß, dass er durchaus trotzdem seine 40-60 Minuten zum Spiel beitragen kann. Dies schweißt das Mannschaftsgefüge meistens enger zusammen, weil man keine traditionelle Zweiteilung zwischen Startelfspielern und Wechselspielern hat. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass das Tempo oft viel höher ist. Im traditionellen Fußball kann es zum Teil sehr zögernd und taktisch zur Sache gehen. Im College-Fußball geht es immer im höchsten Tempo auf und ab. Wenn ein Spieler aus der Puste ist, wird er einfach schnell ausgetauscht, und das Spiel fährt im gleichen Rhythmus fort. Zum Beispiel ist es bei mir oft vorgekommen, dass mein Trainer mich Mitte der zweiten Halbzeit rausgeholt hat, damit der Physio meine Beine massiert, um mich dann wieder frisch nach 5 Minuten ins Spiel zu werfen.
Ein Nachteil an der freien Wechselstrategie ist, dass der Spielrhythmus manchmal unterbrochen werden kann. Gerade in der Anfangsphase, wenn eine Mannschaft 20-25 Minuten braucht, um ins Spiel rein zu finden, können frühe Wechsel dazu führen, dass kein richtiger Spielfluss zustande kommt. Der Trainer einer College-Mannschaft tendiert dazu, sehr schnell auszuwechseln, wenn er merkt, dass ein Spieler einen schlechten Tag zu haben scheint. Beispielsweise ist es vorkommen, dass mein Trainer mich nach meinem zweiten Fehlpass direkt auf die Bank geholt hat, ohne mir die Chance zu geben, es beim nächsten Ballkontakt besser zu machen. Manchmal braucht man als Spieler einfach ein bisschen länger, um ins Spiel zu kommen, weswegen die schnellen Auswechselungen nervig sein können. Dennoch muss man sich vor Augen führen, dass es um den Mannschaftserfolg geht, und dass man sehr wahrscheinlich im Laufe des Spiels wieder eine weitere Chance bekommen wird. Also ist das alles halb so wild.
Die Saison
In den großen Ligen in Europa ist die Saison jeweils zweigeteilt. Es gibt eine Hin- und eine Rückrunde. Es wird gegen jede Mannschaft je einmal pro Spielzeit gespielt, sodass man im Laufe des Jahres einmal heim und einmal auswärts gegen jede Mannschaft antritt. Im College ist die Saison zwar auch zweigeteilt, jedoch gibt es signifikante Unterschiede. Es gibt eine “Fall-Season" und eine “Spring-Season” (also Herbst- und Frühlingssaison). Dabei findet der eigentliche Wettkampf nur in der Herbstsaison statt. Die Fall-Season verläuft von August bis Dezember und es finden ca. 17-25 Spiele statt. Die Anzahl der Spiele ist abhängig vom Erfolg der Mannschaft in den Playoffs. In der Frühlingssaison hingegen findet gar kein Wettkampf statt. Der Spring wird dazu genutzt Krafttraining zu betreiben, technische Fähigkeiten zu verbessern und die taktische Marschroute für die kommende Fall-Season auszuarbeiten. Eine Mannschaft darf von den NCAA-Regeln her lediglich maximal 5 Freundschaftsspiele in 4 den Monaten von Januar bis Mai betreiben.
Der Vorteil an dieser Regelung besteht darin, dass man sich voll auf die 3-4 Monate der Saison konzentrieren kann und in der Zeit alles aus sich rausholen kann. Jedes Spiel ist von extrem hoher Bedeutung, denn man will unbedingt in die Playoffs kommen und nicht schon frühzeitig scheitern. Das Schöne an dieser Zeit ist auch, dass die Studenten der Uni ihr College-Team während der kurzen Saison lautstark im Stadion unterstützen, da auch sie merken wie wichtig die einzelnen Spiele sind. Ein weiterer Vorteil dieser Aufteilung liegt darin, dass man im Frühjahr ein bisschen mehr Zeit hat für andere Sachen. Zum Einen kann man seine eigenen fußballerischen Schwächen verbessern und zum Anderen hat man ein wenig mehr Zeit für Studium und Freizeit. Beispielsweise kann man öfter zu den angesagten Partys gehen oder auch mal häufiger Fast Food essen, weil gerade kein wichtiges Spiel ansteht.
Der Nachteil dieses Systems besteht darin, dass die Saison mit dem Wettkampf schlichtweg sehr kurz ist. Schon eine kleine Verletzung kann dazu führen, dass man die Hälfte der Saison verpasst, was sehr ärgerlich sein kann. Gerade für Spieler, die in tendenziell schwächeren Teams spielen, kann die Saison extrem kurz sein. Wenn man es zum Beispiel nicht in die Playoffs schafft, kann die Saison schon Anfang November vorbei sein. Auch das Frühjahr bringt seine Nachteile mit sich. Man hat hier zwar viel Zeit für andere Dinge, aber ich persönlich hab das Fußballspielen und den wöchentliche Takt der Spieltage schon vermisst. Jeden Tag zu trainieren ist einfach nicht das Gleiche, wenn man sich nicht gegen andere Mannschaften messen kann. Klar macht es Spaß jedes Wochenende und auch unter der Woche auf Partys zu gehen, aber letztlich betreibt jeder Fußballer den Sport, um Spiele zu gewinnen. Und leider gibt es davon nur maximal 5 in der Spring-Season.
Ich hoffe, ich konnte euch in dieser Folge aufzeigen, inwiefern der College-Fußball anders ist vom Fußball, wie ihr ihn aus Deutschland kennt. Zwar muss jeder für sich selbst urteilen, ob er die Regeln befürwortet oder nicht, aber man kann zweifelsohne sagen, dass die Unterschiede einen gewissen Reiz mit sich bringen. Als College-Spieler kann man sich über die Regeln beklagen oder einfach die Ärmel hoch krämpeln und das Beste daraus machen. Ich persönlich habe mich für die zweite Option entschieden und ihr seht wie weit es mich gebracht hat! Ich bin fest davon überzeugt, dass auch ihr es mit eurem Talent, Disziplin und Anpassungsfähigkeit weit schaffen könnt.
Folge 6: Interview mit Tranquillo «Quillo» Barnetta
Fabian Herbers, Profi Fußballspieler in der MLS (Major League Soccer) bei Philadelphia Union, im Gespräch mit Tranquillo «Quillo» Barnetta, Schweizer Nationalspieler, der ebenfalls in der MLS gespielt hat. Fabian befragt ihn zu seinem Wechsel, den Unterschieden zwischen den USA und Europa, dem Niveau in MLS im Vergleich zur Bundesliga und der schweizer Liga und zu den Erfahrungen in den USA.
Tranquillo begann 2002 seine Profi-Karriere beim FC St. Gallen.
In der Saison 2004/05 wechselte Barnetta zu Bayer 04 Leverkusen.
2012 wurde Barnetta von Schalke verpflichtet, wo er 21 Bundesligaeinsätze spielen konnte.
Ende Juli 2015 wechselte er zu Philadelphia Union in die nordamerikanische Major League Soccer.
Seit dem 1. Januar 2017 ist wieder zurück beim FC St. Gallen.
Hi Tranquillo. Danke für das Gespräch. Als ehemaliger Phili Spieler, habe ich einige Fragen an dich, die sicher auch künftige Fußball Stipendiaten interessieren werden. Du hast genau anderthalb Jahre in der MLS gespielt. Wann und wie bist du zu der Entscheidung gekommen in den USA professionell Fußball zu spielen?
Zu meiner Zeit auf Schalke wurde ich ein Jahr nach Eintracht Frankfurt ausgeliehen. Dort habe ich einige Kontakte geknüpft; unter anderem zur Torwartikone Oka Nikolov, der seiner Zeit selbst schon in den USA bei Philadelphia Union gespielt hatte. Er hat sehr von den USA geschwärmt und hat mich im Winter 2014 gefragt, ob ich mir so etwas auch eventuell vorstellen könnte. Ich war generell für alles offen zu der Zeit, jedoch hatte ich noch meinen Vertrag auf Schalke. Als der dann gegen Sommer 2015 langsam auslief, hat Oka mich noch einmal angerufen und meinte, dass Philadelphia schon Interesse hätte. Danach kam es zu ersten Gesprächen mit den Verantwortlichen, also mit dem Sportchef und dem Trainer. Die Unterhaltung verlief sehr locker, nicht so steif wie ich es normalerweise von Verhandlungen mit Sportchefs kannte. Anschließend haben sie mich nach Philadelphia eingeladen, ich bin dort hingeflogen und hab mir mal alles angeguckt. Damals war es schon eine Herausforderung, aber ich dachte mir, dass ich mit diesem Experiment auch auf jeden Fall etwas für mein Leben mitnehmen könnte. Also habe ich den Schritt nach Philadelphia in die MLS einfach mal gewagt.
Hast du irgendwelche Unterschiede festmachen können zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Fußball?
Für mich war der Hauptunterschied schon von taktischer Natur. Ich denke, dass viele europäische Vereine und Spieler taktisch besser ausgebildet sind. Physisch und vom Tempo her habe ich jetzt nicht so einen großen Unterschied gemerkt. In der MLS geht es oft einfach hin und her, ohne dass dabei viel nachgedacht wird. Als ich dann mal mit einigen amerikanischen Spielern gesprochen habe, haben die mir erzählt, dass sie sich relativ spät für Fußball entschieden haben, weil sie bis zum 13ten Lebensjahr zum Teil auch noch andere Sportarten wie Baseball, Basketball oder auch American Football spielen. Erst danach entscheiden sie, sich nur auf Fußball zu konzentrieren. In Europa hingegen fangen die Kinder ja schon mit 4-5 Jahren an Fußball zu spielen und dadurch wird das Spiel und die Taktik mit einrücken, nachrücken, etc. viel mehr verinnerlicht. Ich glaube, daher kommt der Unterschied, dass der amerikanische Fußball taktisch noch nicht so weit entwickelt ist wie zum Beispiel in Deutschland.
Wie schätzt du allgemein das Niveau der MLS ein verglichen mit deutschen Ligen?
Ganz ehrlich, für mich ist es auch schwierig die deutschen Ligen einzuschätzen. Ich bin ja in der Schweiz groß geworden und habe in Deutschland auch nur in der 1. Bundesliga gespielt. Hinzu kommt, dass es auch immer schwierig ist solche Ligen zu vergleichen. Zurzeit spiele ich ja in der Schweiz und werde auch oft gefragt welche Liga nun besser ist - MLS oder die Super League. Es ist nicht einfach diese internationalen Ligen zu einzuordnen, da auch der Fußball komplett anders ist. Generell denke ich, dass sich viele MLS Vereine in Europa nicht verstecken müssen. Natürlich würde ich schon sagen, dass gerade die besseren Teams der Top Ligen in Europa eine Klasse besser sind - das ist klar. Dennoch glaube ich nicht, dass ein MLS Verein in der 2. Bundesliga sang und klanglos untergehen würde. Also die MLS Vereine könnten dort schon mithalten, obwohl es wiederum mit der Taktik schwierig werden könnte. Aber nochmals, es ist sehr schwierig einschätzen.
Du hast ja mit und auch gegen einige ehemaligen College Spieler gespielt. Welche Erfahrung hast du mit diesen Spielern gemacht?
Mir ist aufgefallen, dass die “Rookies “und die ehemaligen College Spieler unwahrscheinlich lernfähig und arbeitsteilig sind. Ich glaube, dass die Spieler schon einen harten Weg gegangen sind, da es, denke ich, auch nicht einfach ist, sich im College so durchzusetzen. Ihre Mentalität und ihr Verhalten war, dass sie sich in der Hierarchie unten angestellt und sich im Dienst der Mannschaft gestellt haben. In Europa ist es so, dass du gerade als älterer Spieler den jungen Spielern kaum noch etwas sagen kannst. Sie lehnen Ratschläge oft ab, weil sie denken, sie wüssten alles bereits besser. Das wirkt dann auf ihr Spiel ein und sie kommen in ihrer Mannschaft nicht oft zum Zuge, obwohl sie das Talent eigentlich haben. Ich habe ja mit einigen Top Draft Picks gespielt und konnte sehen, dass sie sogar in ihrer ersten Profisaison schon viel gespielt haben und der Mannschaft weitergeholfen haben. Zwar kann ich nicht für alle College Spieler reden, aber mir ist vor allem aufgefallen, dass die meisten College Spieler eine gewisse Reife zeigen, da sie wahrscheinlich durch das Leben an der Uni auch charakterlich geformt wurden.
Nun bist du ja relativ früh (mit 19) Profi geworden. Stell dir vor dies wäre nicht der Fall gewesen: Wie hättest du über die Alternative College Fußball und Stipendien an amerikanischen Universitäten gedacht? Wäre das eventuell etwas für dich gewesen?
Das ist natürlich schwierig zu sagen, da es rein theoretisch ist. Theoretisch würde ich sagen ja. ich bin ja mit 19 auch ins Ausland gegangen und da gibt es schon Phasen, die auch nicht immer ganz so einfach sind. Dennoch hat es mich reifer gemacht und ich kann mir vorstellen, dass wenn man von Deutschland in die USA geht, es einen auch persönlich viel weiter bringt. Deswegen, wenn ich nicht Profi geworden wäre in Europa, hätte ich über alle möglichen Alternativen nachgedacht. Und wenn ich so etwas zu der Zeit gewusst hätte, wäre es schon eine passende und aufregende Alternative für mich gewesen. Ich denke das System ist sehr gut, denn wenn man es fußballerisch nicht ganz packt, dann hat man ja immerhin seinen Abschluss.
Was hat dich am amerikanischen “way of life” fasziniert? Wo siehst du Vorteilen im Leben in den USA?
Mich hat die Lockerheit und Spontanität sehr beeindruckt. Wenn man sich zum Beispiel als Deutscher oder als Schweizer um 5 Uhr verabredet, dann ist auch meist jeder sogar 5 Minuten vor der Zeit da. In Amerika kann es dann mal Viertel nach 5 werden oder auch halb 6 und es funktioniert trotzdem. Ich glaube, in der Heimat könnten wir uns von der Lockerheit manchmal eine Scheibe abschneiden. Einfach, dass man einfach nicht alles so eng sieht. Gerade in Deutschland herrscht eine gewisse Sturheit und Verbissenheit, dass alles perfekt und richtig sein muss. Darüber hinaus hat mich die positive Art der Amis beeindruckt. Das hat man gerade auch bei den Fans gesehen. Es wurde nicht gepfiffen, wenn wir mal ein Spiel oder auch zwei verloren haben. Sie sagen zu dir: “Good job, keep fighting, next time we’ll get the result!” Es wird immer nach vorne geschaut und gehofft, dass es nächstes Spiel besser wird.
Siehst du irgendwelche Nachteile am Leben in den USA? Wenn ja, was konkret hat dir nicht so gut gefallen?
Dass die nicht die hellsten sind und Trump gewählt haben (lacht). Nein quatsch, Ich glaube, die Lockerheit, die ich eben als positiv erwähnt habe, kann auch schnell ins Negative gehen. Eine gewisse Lockerheit ist gut, aber es gibt Sachen im Fußball wie auch im Leben, da muss man schon eine gewisse Sorgfalt und Ernsthaftigkeit an den Tag legen. Zum Bespiel gehen einige Spieler am gleichen Tag feiern, obwohl man gerade zu Hause 3:0 verloren hat. Daran musste ich mich erst mal gewöhnen, da ich von Europa so etwas gar nicht kannte. Wie gesagt, eine gewisse Lockerheit ist gut, aber in gewissen Situationen sollte man schon den Ehrgeiz und die Disziplin bewahren. Es sollte schon erlaubt sein auch Dinge ansprechen, die nicht so gut funktionieren.
Im Nachhinein: Würdest du sagen der Schritt in die USA hat sich gelohnt? Würdest du es nochmal so machen?
Auf jeden Fall. Ich hatte eine super Zeit, habe viele coole Leute kennen gelernt und es war eine richtig tolle Erfahrung. Es war eigentlich durchweg positiv. Ich würde es jedem empfehlen, der daran zweifelt, ob es der richtige Schritt ist. Ob es jetzt nun über das College System ist, oder ob es zu einem späteren Zeitpunkt in der Karriere ist, wenn man einfach mal was Neues ausprobieren will. Alle, die ich kennen gelernt habe waren eigentlich begeistert von den USA. Insgesamt ist es eine sehr coole Geschichte, und ich würde es auf jeden Fall noch einmal so machen, wenn ich die Chance hätte.
Folge 5: 7 Tipps für zukünftige College Anwärter
Hey Leute,
Viele von euch fragen sich bestimmt wie die Umstellung ist von einem deutschen Gymnasium zu eine amerikanischen Universität.
Was sind die signifikanten kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den USA?
Wie ist das Studienniveau auf amerikanischen Hochschulen?
Wie sind die Leute so drauf? Wie ist der Level fußballerisch?
Werde ich mit meinem Englisch überhaupt zurechtkommen?
All diese Fragen und noch viele mehr hatte auch ich persönlich, bevor ich den Schritt über den großen Teich gewagt hatte. Meine Zukunft war ungewiss und ich hatte niemanden, der seine Erfahrungen vorher mit mir teilen konnte. Ich will, dass ihr bestens vorbereitet seid, wenn ihr eure Entscheidung trefft aufs College zu gehen.
Deshalb möchte ich diese Folge dazu nutzen, euch einige Tipps und Ratschläge zu geben, um euch den Übergang ein wenig zu erleichtern.
1. Tipp - Seid 100% sicher, den Schritt zu wagen.
Der erste Tipp mag zugleich der wichtigste für euch sein. Es ist von enormer Bedeutung, dass ihr vollkommen engagiert seid, dass es die richtige Entscheidung für euch ist.
Im College werdet ihr nur erfolgreich sein, wenn ihr komplett hinter euren Entschluss steht. Es bringt nichts, wenn ihr einfach mal was neues ausprobieren wollt ohne euch selbst zuvor hinreichend zu informieren. Im Idealfall bleibt ihr 4 Jahre in den USA, um euren Bachelor zu machen. Das ist eine lange Zeit ohne die vertraute Umgebung mit Freunden und Familie aus Deutschland. Ich habe viele Leute kennen gelernt, die im College gescheitert und nach 9 Monaten wieder zurück in die Heimat gekehrt sind. Sie haben den gleichen Fehler gemacht, nicht vollkommen hinter ihrer Entscheidung gestanden haben; sie sind einfach mal in die Staaten gegangen, weil sich gerade nichts besseres angeboten hat.
Wenn ihr fußballerisch, akademisch, und kulturell erfolgreich sein wollt, dann seid euch zu 100% sicher, den Schritt zu wagen.
2. Tipp - Kämpft euch durch die ersten 2-3 Wochen.
Ich denke, dass die ersten paar Wochen in den Staaten am härtesten sind.
Obwohl man sich seiner Entscheidung zuvor sicher war, zweifelt man zunächst daran, ob es doch alles so richtig war. Das Heimweh tritt wahrscheinlich ein und man vermisst seine Freunde und Familie in Deutschland sehr. Das ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass man sich in einer völlig fremden Umgebung befindet und zum ersten Mal im Leben komplett auf sich allein gestellt ist. Das ist anfangs ein sehr einsames Gefühl, doch mit der Zeit wird alles besser. Man findet automatisch seine Freunde, da man täglich zusammen trainiert, in der Uni die gleichen Kurse hat und man am Wochenende häufig zusammen feiern geht. Wenn man erst mal die ersten 2-3 Wochen überstanden hat, lebt man den „daily grind“ eines student-athletes am College und auch das Heimweg geht vorüber.
Stellt euch einfach darauf ein, dass der Übergang nicht einfach sein wird. Danach wird alles umso besser.
3. Tipp - Macht euch keine Sorgen um euer Englisch.
Als ich in die USA kam, war ich vollkommen überfordert mit meinen Englischkenntnissen.
Es schien mir als sei das Schulenglisch in Deutschland eine ganz andere Sprache im Vergleich zum amerikanischen Alltagsslang. In der ersten Wochen versuchte ich die Konversationen meiner amerikanischen Mitspieler zu verstehen, aber ich hatte nie auch nur einen blassen Schimmer worüber sie redeten. Auch in der Uni war es erst nicht einfach, den Professoren zu folgen und den Unterrichtsstoff zu identifizieren. Dennoch ist die Sprache nach 1-2 Monaten das geringste Problem. Man gewöhnt sich sehr schnell an den Accent nach kurzer Zeit versteht man eigentlich 95% aller Konversationen. Auch in der Uni wird einem sehr geholfen, wenn man Aufsätze auf Englisch verfassen muss oder einige Wörter in den Tests nicht versteht.
Deshalb macht euch keine Sorgen um euer Englisch. Habt Geduld, denn es kommt von ganz alleine.
4. Tipp - Seid halbwegs körperlich fit, wenn ihr ankommt.
Bei diesem Ratschlag wünsche ich mir persönlich, dass mir ihn vorher jemand gesagt hätte.
In 2013 hatte ich gerade mein Abi bestanden und war sowohl mit meiner Abschluss-Stufe als auch mit meiner Oberliga-Truppe auf Mallorca gewesen. Natürlich wollte ich noch einmal kräftig feiern bevor ein neues Leben für mich begann. Ich habe kaum trainiert und kam total unvorbereitet an. Die soccer season im College verläuft nur von Ende August bis Dezember, und die Vorbereitung dauert nur 2 Wochen anstelle der 6 Wochen in Deutschland. Mit meinem körperlichen Zustand hatte ich also fast schon die halbe Saison verschlafen, weil es einfach seine Zeit dauerte bis ich wieder bei 100% war. Bei den anfänglichen Fitnesstests habe ich kläglich versagt. Ich habe die Physis der amerikanischen Athleten sehr unterschätzt. Ich war einer von 2 Leuten, die den Test nicht bestanden hatten. Das war schon ein bisschen peinlich, wenn man bedenkt, dass ich auch noch ein Vollstipendium von der Uni bekommen hatte.
Um dies zu verhindern, seid einfach regulär im Training bevor ihr an die Uni gelangt. Seid halbwegs fit, damit ihr sportlich euer bestes geben könnt.
5. Tipp - Gewöhnt euch an den „anderen“ Fußball.
Wie ich schon beim 4. Tipp leicht angedeutet hatte sind Athletik und Physis für die Amerikaner im Fußball sehr wichtig.
Es wird in der Regel lieber Krafttraining betrieben als an technischen oder taktischen Feinheiten zu feilen. Das spiegelt sich auf dem Platz natürlich wider. Das Resultat sind viele lange Bälle, harte Zweikämpfe und auch eine häufige Anzahl an Fouls, die die Schiris meistens nicht einmal als welche werten. Jedoch hat dies auch seine positiven Seiten: Man selbst ist fußballerisch besser geschult und man fällt auf, wenn man seine Qualität auf dem Platz zeigt. Das taktische und technische Verständnis der deutschen Spieler wird hoch gewertet bei den College-Coaches und auch den Profi-Scouts. Deshalb kann man den „anderen“ Fussball von 2 Seiten sehen. Man kann sich entweder darüber beklagen und sich von der Härte des Spiels runterziehen lassen. Oder man kann die Chance ergreifen, sich anzupassen und mit seinen fussballerischen Talenten aufzufallen. Einmal dürft ihr raten welcher Weg der bessere ist.
Wenn ihr erfolgreich sein wollt, gewöhnt euch an den Fußball macht euch und eure Mitspieler besser, indem ihr euer Talent in die Mannschaft einbezieht.
6. Tipp - Vernachlässigt das Studium nicht
Seid euch bewusst, dass das Studium für euch immer noch das wichtigste ist.
Wir haben alle den Traum mit Fußball unser Geld zu verdienen doch leider gelingt dies nur den wenigsten. Das Studium ist allgemein nicht so schwierig. Es unterscheidet sich von dem Studium in Deutschland folgendermaßen: In Deutschland ist Anwesenheit keine Pflicht und die Note hängt von einer umfangreichen Prüfung am Ende des Jahres ab. In den College-Kursen gibt es mehrere Faktoren die zum Teil der Note beitragen. Dazu zählen zum Beispiel Anwesenheit, Hausaufgaben, Quizzes, Examen, etc. Das hat den Vorteil, dass wenn man zum Beispiel eine schlechte Note im Exam hatte, es durch gute Hausaufgaben und Quizzes wieder wet machen kann. Insgesamt muss man täglich seine Arbeit machen, aber das ist auch gut so. Von nichts kommt schließlich nichts, und ein Studienabschluss wird einem ja auch nicht hinterhergeworfen.
Deshalb ist es von Belang, dass ihr eure akademischen Pflichten nicht vernachlässigt und immer auf der Höhe bleibt, um euren Bachelor zu bekommen.
7. Tipp - Genießt die College-Zeit.
In Amerika sagt man „College is the best time of your life“.
Ich denke, ich kann dieses Statement nur bestätigen. Was gibt es besseres? Jeden Tag mit seinen besten Freunden Fussball zu spielen. Weg von seinen Eltern zu sein und das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit zu spüren. An Wochenenden die angesagtesten College Hausparties zu besuchen. Nebenbei ein sinnvolles Studium zu bewältigen und eine erfolgreiche Zukunft zu ebnen. Ich glaube, es ist wichtig sich vor Augen zu führen, dass nicht viele Menschen so ein privilegiertes Leben leben dürfen. Wenn ihr es realistisch betrachtet, kann es euch eigentlich nicht viel besser gehen. Seid allgemein positiv gestimmt und seid dankbar für die Möglichkeit, die sich euch bietet.
Genießt eure Zeit im College und macht das Beste draus, denn ihr seid nur einmal jung!
Folge 4: Der MLS Superdraft
Hey Leute,
zu Beginn dieser Folge möchte ich euch kurz auf eine kleine Gedankenreise einladen.
Stellt euch vor in dieser Woche habt ihr sämtliche Vorstellungsgespräche für den Beruf eurer Wahl. Sucht euch euren persönlichen Traumberuf aus, den ihr gerne ausüben wollt.
Dann stellt euch folgendes vor: Jedes Unternehmen, mit dem ihr Gespräche führt hat einen anderen Firmenstandort. Die meisten davon sind in den Großstädten in Deutschland lokalisiert, einige sogar im Ausland wie Österreich, der Schweiz oder Frankreich. Ihr gebt euer bestes bei allen Vorstellungsgesprächen, denn ihr wollt unbedingt euren Traumberuf ausüben. Jedoch habt ihr keinen Einfluss darauf welches Unternehmen euch auswählen wird für das ihr dann für mindestens 2 Jahre arbeiten müsst. Im schlimmsten Fall könntet ihr in ein komplett fremdes Land gelangen mit fremder Sprache und Kultur.
Wärt ihr bereit eure vertraute Umgebung mit Freunden und Familie für euren Traumberuf aufzugeben? Oder würdet ihr lieber in eurer Komfortzone bleiben und das gewohnte Umfeld der Vergangenheit bevorzugen?
Vor einer ähnlichen Situation stand ich beim MLS Superdraft im Januar 2016.
Nach zweieinhalb Jahren beschloss ich das Kapitel „College“ vorerst an den Nagel zu hängen und meinen Traum von einer Profifussballkarierre wahr werden zu lassen. Es standen 20 MLS Clubs zur Auswahl, zu denen ich theoretisch hätte gedrafted werden können. Darunter zählten Vereine aus den Metropolen Chicago, New York oder Los Angeles. Aber auch nicht so lukrative Orte wie zum Beispiel Montreal standen zur Auswahl, wo ausschließlich französisch gesprochen wird oder auch Houston, wo die schwüle Hitze die meiste Zeit der Saison schlicht unerträglich ist.
Oft wurde ich gefragt, zu welchem Verein ich am liebsten wollte. Meine Antwort auf diese Frage war stets, dass ich einen Verein wollte, der auf mich baut und der mir eine Chance gibt, mich als Fußballer zu entwickeln. Was nützt es mir, wenn ich in Los Angeles lebe, jeden Tag am Strand liegen kann, aber auf dem Platz hinter den Stars keine Rolle spiele? Letztlich war es mir einfach wichtig als Person und als Spieler geschätzt zu werden, und eine gerechte Chance bei einer guten Mannschaft zu bekommen.
Doch was ist eigentlich der Draft und wie entscheiden die Vereine welchen Spieler sie wollen?
Der Superdraft ist eine von der Major League Soccer organisierte jährliche Veranstaltung, bei der die talentiertesten Collegespieler den MLS Clubs zur Auswahl stehen und von denen im Optimalfall unter Vertrag genommen werden. Dabei dürfen die schlechtesten Teams der Vorsaison als erstes draften und die besten Teams entsprechend als letztes. Somit wird garantiert, dass die Liga ausgewogen und spannend bleibt, weil die talentiertesten Spieler zu den tendenziell schlechteren Vereinen gehen. Dieses System wird in allen amerikanischen Top-Sportarten so gehandhabt.
Beim Fußball geht der Draft über 4 Runden. Das heißt, es gibt insgesamt 80 Spieler für die 20 Teams, also 4 Spieler pro Team. Im Fußball ist es jedoch häufig so, dass die Spieler, die in der dritten und vierten Runde gedraftet werden, nur selten unter Vertrag genommen werden. Meistens laufen diese Spieler dann in der zweiten Mannschaft des jeweiligen MLS Teams auf. Tatsächlich bedeutet „gedraftet werden“ nur „Glückwunsch, du darfst die Vorbereitung bei einem MLS Team mitmachen. Ob du einen Vertrag bekommst, sehen wir dann...“
Eine Woche vor dem Draft findet der MLS Combine statt. Der Combine ist quasi ein 5-Tage-Probetraining für die potenziellen „Draftees“ (so werden die Spieler beim Draft genannt). Bei diesem Probetraining versuchen ungefähr 60 College-Talente in 3 Spielen sowie in Sprint-, Sprung-, und Mobilitätstests alles aus sich rauszuholen und die Vereine von ihrem Potenzial zu überzeugen.
Für mich persönlich ist der Combine ein Witz, da überhaupt kein Spielfluss zustande kommen kann. Zum einen ist jeder Spieler auf sich fixiert und versucht alles alleine zu machen, um selbst gut auszusehen. Und zum anderen spielt man mit komplett zufällig ausgewählten Spielern zusammen, die zum Teil nicht mal auf ihrer gewohnten Position spielen dürfen.
Wie sollen die MLS Coaches da genau ermitteln können, welcher Spieler gut genug für die MLS ist und wer nicht?
Ich hatte über Weihnachten eine kleine Verletzung und hab natürlich auch gut zugelegt bei der guten alten Heimatskost. Ich war also seit 3 Wochen keinen Ball am Fuß und sollte in einer komplett wild zusammen gewürfelten Truppe Leistung abrufen. Ziemlich schwierig.
Zu meinem Glück hatte ich gute Statistiken im College und ich war bereits auf dem Radar von einigen MLS Teams. Meine Leistungen im Combine waren nämlich alles andere als herausragend. Ich hatte über Weihnachten eine kleine Verletzung und hab natürlich auch gut zugelegt bei der guten alten Heimatskost. Ich war also seit 3 Wochen keinen Ball am Fuß und sollte in einer komplett wild zusammen gewürfelten Truppe Leistung abrufen. Ziemlich schwierig.
Einen weiteren Vorteil, den ich vor anderen Draftees hatte war, dass ich meinen Vertrag vor dem Combine und somit auch vor dem Draft schon unterschrieben hatte. Nur gut eine Handvoll Draftees konnten das schon von sich behaupten.
Die MLS gibt einigen wenigen Spielern bereits zuvor einen Vertrag, um zu verhindern, dass sie nicht noch in letzter Sekunde von europäischen Vereinen abgeworben werden. Ich persönlich hatte zwar keine konkreten Angebote aus Europa; jedoch war ein amerikanischer zweitliga Verein, New York Cosmos, an mir interessiert, der mir sogar mehr Geld und einen längerfristigen Vertrag als die MLS geboten hatte. Ich hatte schon ernsthaft überlegt dieses Angebot anzunehmen. Dennoch entschied ich mich für die MLS und wollte mir nicht das Erlebnis nehmen lassen gegen Pirlo, Kaka & Co. zu spielen. Es war für mich insgesamt gesehen einfach lukrativer in der MLS zu spielen und mich auf der größten Bühne im amerikanischen Fußball zu messen. Letztlich war das für mich die richtige Entscheidung, worüber ich sehr glücklich und dankbar bin.
Dann kam er also – der Tag des MLS Superdrafts.
Wenn ich mich recht erinnere war es genau am 14. Januar, 2016, in Baltimore. Stellt euch einen Saal mit Podium und Zuschauerrängen vor. Die Coaches und Sportdirektoren der Vereine sitzen geordnet quasi in Brainstorminggruppen in der Mitte des Saals zusammen. Die Draftees sitzen ganz vorne und hören gespannt dem Commissioner zu, der verkündet wer als nächstes gedrafted wird. Jedes Team hat 4 Minuten Zeit, um sich zu entscheiden, wen sie draften. Ich glaube, ich war in meinem ganzen Leben noch nie so aufgeregt wie an diesem Tag. Schließlich hatte ich immer noch keinen blassen Schimmer, welcher Verein mich draften würde. Ich hatte meine Rede bereits dutzende Male im Spiegel vorgetragen.
Ich wollte nur noch, dass alles vorbei ist. 4 Minuten vergingen. Und wieder 4 Minuten. Und wieder wurde ich nicht ausgewählt. Langsam machte ich es mir gemütlich und dachte mir ‚Das kann ja ein langer Abend werden.‘ Doch dann endlich: „With 6th pick of the 2016 MLS Superdraft, Philadelphia Union select from Creighton University Midfielder – Fabian Herbers!
Ich sprang auf, jubelte innerlich, lächelte über beide Ohren, schüttelte die Hände ein paar meiner alten College Mitspieler, ging in Richtung Bühne und bekam im gleichen Atemzug den Schal von meinem neuen Verein umgehangen. Der Commissioner gratulierte mir, führte mich zum Podium und ich hielt meine Rede.
Ich dankte so ziemlich allen, die mir geholfen hatten bis an diesem Punkt zu kommen – meinen Eltern, Freunde, Teamkollegen, Trainer, Spielerberater und natürlich Philadelphia Union für das Vertrauen, das sie in mich hatten.
Nach der Rede hielt ich unzählige Interviews und machte unzählige Fotos mit verschiedenen Zeitungen, Onlineseiten und Magazinen. Dabei sagte ich gefühlt immer das gleiche: „I’m excited for this new journey, grateful for the opportunity, and hope to show my talent on the field.”
Nach dem Medienrummel war ich etwas erschöpft und ging ins Hotelzimmer. Trotz der unendlichen Nachrichten auf allen erdenklichen sozialen Netzwerken, schaltete ich mein Handy aus und versuchte einen Momente inne zu halten. Ich atmete tief ein und tief aus. Ich sagte mir. „This is it. Your dream became true. Now, make the most of it.”
Folge 3: Meine Trainingseinrichtungen bei Philadelphia Union
Hey Leute,
Fuer diese Folge habe ich mir ueberlegt, euch einen tieferen Einblick in mein Profileben zu gewaehren. Dabei stelle ich euch meinen erstklassigen Arbeitsplatz vor, wo ich mich mit meinen Mitspielern 6 Tage in der Woche befinde.
Der Power Training Complex, oder PTC wie wir es nennen, wurde erst im vergangenem Jahr offiziell fuer die Philadelphia Union errichtet. Es wurden mehr als 10 Millionen Dollar in die hochwertige Einrichtung investiert; und das fuer ein MLS Team, das zuvor in 6 Jahren nur einmal die Playoffs erreicht hatte. Mit dem modernen Trainingscomplex sollte eine professionellere Mentalitaet im Team entstehen, damit der Club auf lange Sicht gesehen erfolgreichen Fussball in der MLS spielt.
Der PTC kann wahrscheinlich mit den Top 5 Bundesliga Traningseinrichtungen mithalten.
Auf dem ersten Foto seht ihr das Gebaeude von aussen. Auf dem ersten Blick sieht es aus wie eine alte Fabrikhalle mit seinen alten roten Ziegelsteinwaenden. Richtig, das Gebaede war frueher eine alte verwaltende Bahnhofshalle fuer Gueterzuege.
Warum hat man das ganze gesamte Bauwerk nicht einreissen lassen und neu errichtet? Zum einen haette dies zusaetzlich Geld gekostet. Zum anderen, und viel wichtiger noch, wollte man den Old School Flair beibehalten. Philadelphia ist eine traditionelle Arbeiterstadt mit vielen Industriegebieten vergleichsweise zum Ruhrgebiet in Deutschland. Diese Mentalitaet der hart schuftenden Arbeiterklasse sollte sich in der Einrichtung widerspiegeln.
Zum weiteren faellt das riesige Vereinswappen auf, welches mit Graffiti gesprueht wurde. Graffiti ist abermals ein Kennzeichen fuer alte Arbeiterstaedte. Unser Trainingskomplex verkoerpert die Stadt also in all seiner vielfaeltigen Form. Das kommt vor allem sympathisch bei den Fans an.
In den naechsten Bildern seht ihr unsere Kabine. Hier befinden sich taeglich 27 Spieler plus 3 Torhueter, die sich umziehen und sich fertig machen fuer die Trainingseinheiten. Die Trainingsklamotten werden jeden Tag von den Zeugwaerten gewaschen und aufgefaltet auf den entsprechenden Plaetzen der Spieler gelegt. Die Kabine zaehlt zum Heiligtum der Spieler.
Die Trainer kommen eigentlich nur in Ausnahmesituationen in die hinein. Was in der Kabine getan und gesprochen wird, bleibt auch dort unter den Spielern. Normalerweise herrscht jedoch eine lockere Stimmung. Gerade wenn spannende Spiele an Tischtennisplatte sind.
Vor oder nach den Trainingseinheiten spielen saemtliche Spieler „Ping Pong“ gegeneinander. Manchmal geht es sogar um kleinere Geldsummen (10 Dollar meistens). Da kommen schon manchmal recht hitzige aber lustige Matches zustande, wenn alle zugucken und die Spieler anfeuern. Und einmal duerft ihr raten, wer intern der beste Ping Pong Spieler ist? Fabian aka „Timo Boll“ Herbers natuerlich. Ich verdiene mir quasi ein zweites Gehalt dabei $$$.
Fabian Herbers, nach dem College Profi in der MLS
Die Kabine einer MLS Fußballmannschaft
Die Kabine der MLS Fußballmannschaft Philadelphia Union
Auf den naechsten Fotos erkennt ihr unseren Behandlungs- und Spa-Bereich. Wir haben 3 Physios fuer die verletzten oder angeschlagenen Spieler, die je nach Bedarf vor oder nach den Traningseinheiten Behandlungen bekommen. Im Spa-Bereich gibt es 3 Wasserbecken. Ein Kaeltebecken, ein Waermebecken und ein Becken mit normaler Temperatur. Die ersteren zwei dienen zur Erholung der Muskulatur nach anstrenden Einheiten. Kontrastbaeder sind sehr hilfreich, um schwere Beine zu in den kommenden Einheiten zu verhindern.
Das Becken mit der normalen Temperatur enthaelt ein Unterwasserlaufband. Verletzte Spieler koennen somit schneller anfangen zu laufen mit geringem Widerstand. Zudem hat das Becken eine Funktion fuer eine kuenstliche Stroemung. Somit koennen komplette Schwimmworkouts ausgefuehrt werden, um verletzte Spieler fit zu halten. Letztlich gibt es noch eine Infrarotsauna mit Bluetooth Lautsprechern. Nicht selten hoeren die Spieler schwitzend alte Rap Songs wie von Nelly – Hot in Here.
Spa-Bereich bei einem MLS Fußballteam
Whirpools bei einem MLS Fußballteam
Behandlungsbereich
Hier seht ihr unsere Kueche bzw. den Speiseraum. Vor jedem Training gibt es dort Fruestueck, welches meistens aus Ruehreiern, Speck und Kartoffeln besteht. Zudem gibt es Brot und Toast mit saemtlichen Aufstrichen und natuerlich Obst. Nach den Trainingseinheiten gibt es verschiedene Gerichte zum Mittagessen. Eine typische Mahlzeit waere Haehnchenbrust mit Reis und Brokkoli. Bei der Ernaehrung wird vor allem darauf geachtet, dass genuegend Kohlenhydrate aufgenommen werden, damit die Spieler Energie auf dem Platz haben. Handys sind uebrigens waehrend den Mahlzeiten verboten.
Die Spieler sollen sich unterhalten und das Essen zu schaetzen wissen. Darueber hinaus haben wir eine Self-Made-Smoothie-Station. Hier steht jederzeit frisches Obst bereit mit anderen gesunden Zutaten wie Mandelmilch, Rotebeete Pulver, oder auch Sesamkoerner. Je nach Belieben koennen sich die Spieler ihren eigenen Smoothie mixen. Ich persoenlich bevorzuge den Avocado-Banane Smoothie.
Küche der Mannschaft in der MLS
Das Buffet für die die Mannschaft in der MLS
Essensbereich für die Spieler der MLS
Die naechsten Fotos zeigen euch unseren Videoraum. Zwar sieht es aus wie ein kleines Entertainment Kino, hat jedoch seinen Zweck fuer detaillierte Videoanalysen. Nach unseren Spieltagen zeigen uns die Trainer unsere Fehler auf und geben uns jeweils Verbesserungsvorschlaege fuer das naechste Spiel.
Vor den Spieltagen werden nur noch die Gegner analysiert und die Trainer bereiten uns auf deren Staerken und Schwaechen vor. Dabei werden vor allem ruhende Baelle, der Spielaufbau, das Pressing und besonders gute Spieler des Gegners ins Visier genommen. Dadurch bekommen wir einen guten Eindruck, was wir am Wochenende zu erwarten haben. Die Vorbereitung ist vor allem mental wichtig, um nicht am Spieltag ueberrascht zu werden.
Videobereich der Mannschaft in der MLS
Videoanalyse für die Mannschaft in der MLS
Auf diesen Bildern befindet sich unser Kraftraum mit Trampolin, Kunstrasenflaeche, unzaehligen Hanteln, Medizinbaellen, Spinning Fahrraedern, Laufband und saemtlichen anderen nuetzlichen Geraeten.
2 Mal in der Woche haben wir verpflichtetes Team Krafttraining, bei dem sowohl der Fokus auf Beine als auch Rumpf und Oberkoerper gelegt werden. Wir haben zwei Kraft-Trainer, die darauf achten, dass alle Uebungen korrekt ausgeuebt werden und somit Verletzungen verhindert werden.
Das Krafttraining dient weniger dazu moeglichst viel Muskelmasse aufzubauen, sondern vielmehr, um die Schnelligkeit und die Mobilitaet der Spieler zu verbessern. Viele Spieler benutzen „the Gym“ (wie wir es nennen) auch, um sich vor dem Training gruendlich zu dehnen und die Muskeln aufzulockern. Verletzte Spieler machen hier entsprechend ihre Reha-Uebungen, um moeglichst schnell wieder auf dem Platz zu stehen.
Kraftbereich für die Mannschaft in der MLS
Trampolin für die Mannschaft in der MLS
Kraftgeräte für die Mannschaft in der MLS
Letztlich ist da noch unsere Lounge Area mit Fernsehern und XBox, Couches, elektrischen Massagesesseln und Billardtisch. Es gibt Tage, an denen wir zwei Trainingseinheiten haben. Dann wird zwischen den Einheiten oft in der Lounge gechillt. Manche Spieler halten Mittagsschlaefchen auf der Couch, waehrend andere Fifa spielen. Einige Spieler trinken Kaffee bei einer beruhigenden Partie Billard, waehrend andere Spieler am runden Tisch eine Partie Karten spielen.
Die Lounge ist wichtig fuer die Spieler, da es hier in der Regel ruhig zugeht. In der Kabine oder im Gym ist meistens laute Musik und immer viel Bewegung. Die Lounge dient den Spielern zur Beruhigung und Erholung.
Chillout-Bereich für die Mannschaft in der MLS
Chillout nach dem Training
Teamspirit beim Sport in den USA
Insgesamt kommt eigentlich nie Langeweile auf und ich glaube der Power Training Complex ist ein wichtiger Faktor fuer die ueberragende Team Chemie bei Philadelphia Union.
Wir haben eigentlich keine Egos in der Mannschaft, was auf professioneller Ebene sehr sehr selten ist. Jeder versteht sich mit jedem und das spiegelt sich auf dem Platz wider. Jeder Spieler kaempft fuer seinen Nebenmann und versucht die Fehler auszubuegeln. Und selbst wenn es am Ende nicht zum Sieg reicht, weiss jeder Spieler, dass er 100% fuer seine Teamkameraden und den Verein gegeben hat.
Folge 2: Meine Top 10 MLS Stars im Jahr 2016
Nach meinem ersten Jahr in der Major League Soccer hatte ich die grosse Ehre mit absoluten Weltstars auf dem Platz zu stehen. Die MLS ist bekannt dafuer gestandene Profis in die Staaten zu locken, um die Liga und den Fussball allgemein attraktiver und interessanter zu machen. In meiner ersten Profisaison war das Treffen mit den Stars ein einmaliges Erlebnis.
Wie gut sind die Stars jedoch wirklich noch im hohen Alter? Welche Stars stehen immer noch voll im Saft und wollen ehrgeizig jedes Spiel gewinnen? Und welche Stars koennen in einer athletischen Liga wie der MLS kaum noch mithalten? Dazu habe ich ein Ranking aufgestellt und habe die Schwergewichte der Major League Soccer nach persoenlichen Erfahrungen bewertet.
Fabian's Nr. 1 - Giovinco in Aktion
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Ich erinnere mich noch als waere es gestern, wie Stevie G die Champions League Trophaee im Jahre 2005 als Kapitaen des FC Liverpool in den Himmel hob. Damals war ich 11 Jahre alt und sass vor dem Fernseher. Von dem Tag an war er einer meiner groessten Idole, weil er immer ein wahrer Anfuehrer fuer seine Mannschaft war. Als ich ihn in der MLS beobachtet und gegen ihn gespielt habe, war ich etwas enttaeuscht, um ehrlich zu sein. Defensiv konnte er nicht mehr so hartnaeckig gegen den Ball arbeiten, am Ball war er schon gut, aber er ist halt mehr ein Kaempfer als ein herausragender Spielmacher. Mitten in der Saison hatte er mit kleineren Verletzungen zu kaempfen und hat letztlich nur 18 Spiele von Anfang an gespielt, in denen er lediglich 3 Tore erzielte.
Platz 9: Didier Drogba (38), Montreal Impact
Auf Platz 9 meiner Liste befindet sich der typische Stossstuermer Didier Drogba. Auch er gewann die Champions League mit dem FC Chelsea. Drogba zerstoerte den Traum vieler Bayern Fans im Finale Dahoam 2012. Per Kopf traf er zum 1:1 in der regulaeren Spielzeit und rettete Chelsea in die Verlaengerung. Drogba hat mich vor allem mit seiner Groesse und koerperlichen Staerke beeindruckt. Mann, ist das ein Tier! Fussballerisch hat er mich auch beeindruckt. Ein richtiger Strafraumstuermer, der vor dem Tor nicht lange fackelt. Auch er hatte mit Verletzungen zu kaempfen aber traf 10 Mal in 22 Spielen fuer Montreal Impact – 4 davon gegen uns. Sein Spiel gegen den Ball war jedoch gar nicht vorhanden, was hohes Pressing fuer sein Team quasi unmoeglich machte. Im modernen Fussball braucht man meiner Meinung nach Stuermer, die auch defensiv aushelfen und nicht ihre Mannschaft im Stich lassen – deswegen ist Drogba nur auf Platz 9 meiner Liste.
Platz 8: Andrea Pirlo (37), New York City FC
Andrea Pirlo – fuer mich die groesste Legende, die derzeit in der MLS spielt. Auch er gewann die Champions League und sogar die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland mit Italien. Seinen absoluten Legendenstatus hat er wahrscheinlich nach seinem Lupfer im Elfmeterschiessen gegen England bei der EM 2012 erworben. Fuer New York City hat er in der Saison 2016 32 Spiele von Anfang an gespielt. 1 Tor und 11 Assists hatte er zu verzeichnen, was als defensiver Mittelfeldspieler schon eine gute Quote ist. Am Ball ist er absolute Weltklasse. Er ist der Quarterback fuer sein Team und verteilt die Baelle nach Belieben. Dennoch ist auch er defensiv ein Schwachpunkt der Mannschft. Er geht nicht mehr zu 100% in die Zweikaempfe und sprintet eigentlich nie. Auch deswegen hatte New York City FC eine der schwaechsten defensiven der Liga und das obwohl sie den zweiten Platz in der Eastern Conference gemacht haben. Als wir an einem heissen Sommertag gegen New York spielten, trank er waehrend einer Verletzungspause aus einer Trinkflasche. Ich stand direkt neben ihm, hatte auch Durst und fragte ihn, ob ich auch einen Schluck haben duerfe. Er sah mich ernst an und sagte „No!“ Ich schaute ganz verdutzt drein. Nach ein paar Sekunden laechelte er und reichte mir die Flasche „I’m just joking, my man!“
Platz 7: Michael Bradley (29), Toronto FC
Michael Bradley duerfte fuer viele Fussballbegeisterte auch noch ein Begriff sein. Er spielte jahrelang fuer Borussia Moenchengladbach, AS Rom und ist nun Kapitaen der US Nationalmannschaft. Mit 5,8 Millionen Euro im Jahr ist er der drittbeste Verdiener der MLS. Er ist ein aehnlicher Spielertyp wie Pirlo – ein strategischer Ballverteiler. Mit seinen „jungen“ 29 Jahren laeuft er jedoch wesentlich mehr und ist etwas aggressiver in den Zweikaempfen. Bradley scheut sich nicht mit Worten auf dem Spielfeld. Stets beeinflusst er andere Spieler und den Schiedsrichter. Auch ich habe mir schon einiges von ihm anhoeren muessen. Einmal wurde ich gefoult und liess mich fallen. Er lief an mir vorbei und beschimpfte mich uebelst. Den genauen Wortlaut erspare ich euch. Nicht gerade die feine Art, aber das gehoert zum Fussball dazu. Dennoch ist Bradley ein grossartiger defensiver Mittelfeldspieler, der lange Baelle spielt wie kaum ein anderer.
Platz 6: Jermaine Jones (34), LA Galaxy
Mit Jermaine Jones haben wir einen weiteren Ex-Bundesliga Profi. Bekannt wurde er durch seine Leistungen auf Schalke und seiner aggressiven Spielweise, welche zu zahlreichen gelben Karten fuehrte. Zwischenzeitlich spielte er sogar fuer die deutsche Nationalmannschaft, aber ist nun Mittelfeldpartner Michael Bradley’s im US Nationalteam. Letztes Jahr spielte er fuer Colorado Rapids; dieses Jahr ist er zu LA Galaxy gewechselt. Leider war er verletzt als wir leztes Jahr gegen Colorado spielten. Nichtsdestotrotz ist er ein Krieger auf dem Platz und ein sehr guter Fussballer. Wer ihn im Team hat, kann sich immer ganz und gar darauf verlassen, dass er seine Leistung abruft. Ende April werde ich gegen ihn spielen und bete, dass er mir nicht die Knochen bricht. Haha!
Platz 5: Tranquillo Barnetta (31), Philadelphia Union
Tranquillo Barnetta war in der vergangen Saison mein Teamkollege in Philadelphia. Vorab, er ist einer der nettesten Menschen, die ich jemals kennen gelernt habe. Er steht mit beiden Beinen auf dem Boden und ist immer ehrlich und sehr vertrauensvoll. Er ist bekannt von seiner Zeit bei Bayer Leverkusen und Schalke 04 ehe er den Sprung nach Amerika machte. Auch er spielte mit der Schweizer Nationalmannschaft bei Weltmeisterschaften und Europameisterschaften. Fuer unsere Mannschaft war er enorm wichtig letztes Jahr, vor allem als Typ. Er gab in jedem Spiel immer 110% und das hat die gesamte Mannschaft inspiriert. In knapp 30 Spielen fuer die Union erzielte er 5 Tore und bereitete 4 Mal vor. Nicht gerade ueberragende Statistiken, aber in knappen Spielen hat er die Mannschaft mit sich gerissen und was zu erfolgreichen Resultaten fuehrte. Zudem ist er ein herausragender Techniker. Er wurde einer meiner engsten Freunde und wir hatten viele gemeinsame Stunden auf saemtlichen Golfplaetzen und in gemuetlichen Bars in Philadelphia. Es war immer sehr aufregend, wenn er Stories ueber seine ehemalige Bundesliga Zeit erzaehlte. „Quillo“ ist einfach ein Typ, den jede Mannschaft gebrauchen kann – deswegen ist er verdient auf Platz 5 meiner Liste.
Platz 4: Kaka (34), Orlando City SC
Kaka ist mit 6,4 Millionen Euro pro Jahr der Topverdiener der MLS. Er is der einzige aktive Spieler in der MLS, der den Ballon d’Or gewonnen hat (2007). Er gewann mit AC Mailand die Champions League im selben Jahr. Nach einigen Jahren fuer Real Madrid spielend, ist er nun in seiner dritten Saison bei Orlando SC. Trotz seines Alters ist Kaka immer noch unwahrscheinlich dynamisch auf dem Spielfeld. Seine Dribblings sind unglaublich schnell und auf hoechstem Tempo, was ein Albtraum fuer die Verteidiger ist. Seine Koerpertaeuschungen sind phaenomenal und er zeigt immer noch seine ganze Klasse in der MLS. Mit 9 Toren und 10 Assists in 24 Spielen zeigt er durchaus auch Effektivitaet. Gleichzeitig kommt er mir unwahrscheinlich nett und freundlich rueber. Beim shake hands vor dem Spiel laechelt er und schaut jedem Gegner in die Augen. Einmal foulte er mich und reichte mir direkt die Hand, um mir hoch zu helfen. Soetwas sieht man heutzutage leider nur noch selten. Ich habe sehr viel Respekt vor dieser Legende.
Platz 3 Frank Lampard (38), New York City FC
Frank Lampard ist ueberraschenderweise auf Platz 3 meiner Liste. Mit Drogba zusammen gewann er die Champions League mit dem FC Chelsea im Jahre 2012. Jedoch hatte ich persoenlich keine grossen Erwartungen mehr an ihn. Er war nie der technisch starke oder athletischste Spieler. Frank Lampard war zwar stets ein grossartiger Kapitaen, aber nie wirklich ein herausragender Fussballer – Denkste. Mit seinen 38 Jahren hat er mich total ueberrascht und ueberzeugt. Mit genauem Passspiel, Zielstrebigkeit zum Tor und seinen defensiven Qualitaeten war er unheimlich wertvoll fuer seine Mannschaft. In nur 19 Spielen erzielte er 12 Tore und hatte 3 Assists – und das als zentraler Mittelfeldspieler – sehr beeindruckend wie ich finde.
Platz 2: David Villa (35), New York City FC
David Villa ist ein Stuermer wie kaum ein zweiter. Er hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Mit Barcelona gewann er 2011 die Champions League. Das Jahr zuvor schoss er Spanien mit 5 Toren zur Weltmeisterschaft in Suedafrika. Auch Europameister ist er geworden im Jahre 2008 mit 4 Toren. Fuer New York ist er die Tormaschine schlecht hin. Er trifft am laufenden Fliessband. In der vergangenen Saison traf er 23 Mal in 33 Spielen. Er ist unglaublich schnell und Abschlussstark. Aber auch gegen den Ball arbeitet er im hoechsten Tempo. Er leitet das Angriffspressing seiner Mannschaft und bereitet den Verteidigern Angst, wenn er auf sie zu „stürmt“. Zudem ist er mega ehrgeizig. Ich erinnere mich noch als wir gegen New York spielten. New York lag 3:0 in Fuehrung, aber gewann das Spiel nur knapp mit 3:2. Alle Spieler von New York City FC waren am Feiern, weil sie den Sieg nach Hause gefahren hatten. Villa jedoch war stinksauer, dass das Spiel beinahe noch verloren wurde. Er ist eine Klasse fuer sich und zurecht auf Platz 2.
Platz 1: Sebastian Giovinco (30), Toronto FC
Obwohl er in Europa niemals wirklich den Durchbruch geschafft hat, ist er ganz klar meine Nummer 1 in der Liste der besten Stars. Er ist der zweitbeste Verdiener in der MLS hinter Kaka und er ist jeden Cent wert. Trotz seiner geringen Koerpergroesse (164 cm), macht er, was er will. Er hat alle Qualitaeten, die eine haengende Spitze haben muss. Er ist wahnsinnig dribbelstark, schnell, hat einen guten Schuss (mit rechts und links), und schiesst Freistoesse besser als Cristiano Ronaldo. In 28 Spielen erzielte er 17 Tore und hatte 15 Assists. Er ist also Vollstrecker und Vorlagengeber zugleich. Fuer Toronto FC war er mit Abstand der beste Spieler, und war der Hauptfaktor fuer den Erfolg der Mannschaft. Sebastian Giovinco ist mein klarer Favorit der besten MLS Stars 2016.
Das war also meine ganz persoenliche Liste der Top 10 MLS Stars 2016. Ich hoffe, es hat euch Spass gemacht sie zu lesen und meine persoenlichen Erlebnisse zu erfahren. Gestern wurde bekannt gegeben, dass die deutsche Legende Bastian Schweinsteiger in die MLS zu Chicago Fire wechselt. Ich bin sehr gespannt und freue mich riesig im September gegen ihn zu spielen. Ich bin gespannt, wo er sich in die Liste einreihen wird. Wird er Erfolg haben und konstante Leistungen fuer Chicago abrufen? Oder wird er Schwierigkeiten haben in einer Liga, die hauptsaechlich von Athletik gepraegt ist? Ich jedenfalls werde alles daran setzen, dass ich sein Trikot bekomme!
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5Zufriedenheit unserer Sportler
Folge 1: Ein Traum wurde wahr – Vom College in die MLS
Hey Leute,
Ich bin Fabian Herbers, professioneller Fussballspieler in der Major League Soccer fuer Philadelphia Union. Ich moechte euch gerne von meinem ersten Profijahr berichten und wie ich es ueber den Weg vom College in die MLS geschafft habe.
Im Sommer 2013 entschied ich mich in die USA zu gehen, um dort am College Fussball zu spielen. Zu der Zeit haette ich in Deutschland Regionalliga fuer wenig Geld spielen koennen oder an irgendeiner Uni in NRW studieren und den Fussball halbwegs aufgeben. Die Moeglichkeit in den Vereinigten Staaten beides auf hohem Niveau zum kombinieren, faszinierte mich. Mein Weg fuehrte mich zur Creighton University, welche in Omaha, Nebraska liegt - mitten im Innenland der USA. „Warum gehst du nicht nach Miami, Kalifornien oder New York?“, wurde ich oft gefragt. Meine Antwort auf die Frage war simpel, denn ich wollte eine Uni finden, bei der der Fussball im Vordergrund steht. Creighton University ist in den Staaten fuer qualitativ hochwertigen Fussball bekannt und ist langfristig in den Top 10 der Fussball Unis im ganzen Land verankert.
Angekommen am College lief es zunaechst alles andere als perfekt.
Zunaechst hatte ich Schwierigkeiten mit der Sprache (was jedoch normal ist). Ich musste feststellen, dass das Schulenglisch in Deutschland nicht viel mit dem alltaeglichen American-English zu tun hatte. Ich hatte Probleme mit dem Akzent und dem Tempo, in dem die Amis sprachen.
Zudem kam, dass ich mental und koerperlich nicht bereit fuer die anstehende Saison war. In der Sommerpause in Deutschland hatte ich mich weder ausfuehrlich mit mit dem College Soccer beschaeftigt noch hatte ich mich physisch fit gehalten. Das bekam ich in den ersten Fitnesstests eiskalt zu spueren, in denen ich klaeglich scheiterte.
Letztlich kam auch noch das Heimweh hinzu. Es war das erste Mal, dass ich laenger als zwei Wochen von zu Hause weg war und ich vermisste meine Familie, meine Freunde und vor allem Mutti’s leckere Kochkuenste.
Es war einfach alles nicht so einfach in den ersten Monaten. Den Umstaenden entsprechend lief es fussballerisch. Ich hatte eine enttaeuschende Saison mit nur 3 Toren und 4 Assists in ca 25 Spielen – und das als Stuermer.
Im zweiten Jahr wollte ich es besser machen. Ich hatte mich an die Sprache und die Kultur gewoehnt, und hatte bereits viele gute Freunde gefunden. Ich war auf die anstehenden Fitnesstests vorbereitet und wollte wichtigere Rolle im Team spielen. Trotz der Umstaende im ersten Jahr war ich diszipliniert und motiviert genug mich auf dem Platz zu entfalten. Das gelang mir, und ich beendete die Saison mit 10 Toren und 8 Assists und wurde einstimmig zum Big East Offensive Player of the Year gewaehlt.
Im nationalen Turnier erreichten wir in dem Jahr das Viertelfinale, in dem wir ungluecklich im Elfmeterschiessen scheiterten.
Ausserhalb des Fussballs hatten wir ein „Soccerhouse“, in dem wir unsere eigenen Hausparties schmissen nach den jeweiligen Siegen an den Wochenenden. Gefuehlt war die halbe Uni in dem Haus und wir haben wortwoertlich gefeiert bis die Polizei kam. Wenn es auf dem Platz gut laeuft, macht das feiern natuerlich umso mehr Spass. Erst recht, wenn die ganze Mannschaft dabei ist.
Oft werde ich gefragt ob die Hausparties wie im Film seien. Meine Antwort in der Regel: „Oh ja, genau so!“
Fabian im Interview während des MLS-Drafts
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Nach dem erfolgreichen zweiten Jahr habe ich gemerkt, dass die Aufmerksamkeit in den Medien vertreten war und alle sprachen davon, dass wenn ich noch so eine Saison spielte, es gute Chancen gaebe, dass von der MLS ein Angebot kaeme. Nach der Saison im Vorjahr hatte ich also Blut geleckt und wollte noch eine Schippe drauf legen. Unsere Mannschaft war so gut wie nie und ich wollte mir die einmalige Chance auf das potenzielle Profiangebot nicht entgehen lassen. Mit unbaendigem Willen und hoechster Disziplin schaffte ich es in dem Jahr auf 15 Tore und 17 Assists in 23 Spielen.
Ich hatte meine Statistik also wiedermals drastisch verbessert und hatte mir auf nationaler College-Ebene ein hohes Ansehen erarbeitet. Ich wurde hinter Jordan Morris (aktueller Nationalspieler fuer die USA und MLS Cup Sieger mit Seattle Sounders) zum zweit-besten College Spieler im ganzen Land gewaehlt. Durch diese Errungenschaften kam dann im Dezember 2015 endlich mein erster Profivertrag von der MLS. Ein Traum wurde war und ich unterschrieb ohne zu zoegern, obwohl ich noch ein Jahr im College haette spielen duerfen.
Zwar schmiss ich damit meinen Abschluss an der Creighton University hin, aber das war es mir einfach in dem Moment wert. Was haettet ihr in meiner Situation gemacht?
A Dream became true
Inzwischen bin ich sei ueber einem Jahr Profi und ich habe meine Entscheidung nie bereut. Ein Traum ist in Erfuellung gegangen und ich geniesse ihn mit jedem Atemzug. Ich spiele in einer Liga gegen Legenden wie Kaka, Andrea Pirlo, Didier Drogba, David Villa und habe selbst ein Jahr mit Langzeit Bundesliga Spieler Tranquillo Barnetta zusammen gespielt, der mittlerweile einer meiner besten Freunde geworden ist. All dies haette ich, wenn ich in der Regionalliga gekickt haette, natuerlich nicht von mir behaupten koennen. Allein deshalb war es die Entscheidung damals wert, nach Amerika zum College zu gehen. Letztlich muss jeder jedoch fuer sich selbst wissen, was er sich vom College verspricht und was seine Prioritaeten sind.
Will ich einen moeglichst hochklassigen Bachelorabschluss? Will ich einfach nur das Leben, die Parties und den Lifestyle geniessen? Oder will ich auf hohem Niveau Fussball spielen und mir die Chance auf die Profikarriere bewahren?
Ich habe mich fuer die letzte Alternative entschieden und wie ihr seht – a dream became true.