Christian
Leichtathletik
Eastern Illinois University
Auch außerhalb des Unterrichts ist die akademische Betreuung hier sehr gut
Studium und Leistungssport, dass diese zwei Dinge in Deutschland so gut wie unmöglich miteinander zu vereinen sind, wurde mir relativ schnell klar. Als ich dann von der Möglichkeit von Sportstipendien in den USA erfuhr, wollte ich unbedingt in die Staaten. Also begann ich meinen Bewerbungsprozess und hoffte, bald in den USA eine Uni zu finden für die ich in Zukunft die 400m Hürden laufen würde. Mitte Oktober kam dann endlich die erlösende Mail von der Eastern Illinois University, in der sie mir mitteilten, dass ich an ihrer Uni angenommen wurde und ich auch ins Leichtathletikteam kommen würde. Ab da ging dann alles relativ schnell und nur zwei Monate später, am 2.Januar betrat ich das erste Mal in meinem Leben die Vereinigten Staaten. Da wurde mir klar, dass nun endgültig ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat...
Obwohl ich zu einer untypischen Zeit, dem Springsemester, anfing zu studieren, wurde ich sofort perfekt von der Uni betreut. Ich wurde in Chicago vom Flughafen abgeholt, und in 4 Orientierungstagen in das Leben an der EIU eingeführt. In dieser Zeit traf ich dann auch das erste mal meine Trainer und wurde dem Team vorgestellt. Nach der offiziellen Vorstellung kam dann noch fast jedes der ca. 100 Teammitglieder auf mich zu und stellte sich noch einmal persönlich vor. Am nächsten Tag hatte ich dann auch schon mein erstes Training mit dem Team. Da ich erst kurz vor meinem Flug in die USA eine Verletzung ausgeheilt hatte, musste ich nicht das gesamte Programm absolvieren, worüber ich auch froh war, da das Niveau des Teams wirklich sehr gut ist. Doch obwohl das Training hart war, war ich einfach nur begeistert. Zum einem von dem Team, denn obwohl es „nur“ Training ist, wurde man pausenlos von anderen Athleten angefeuert, egal ob auf der Laufbahn oder im Kraftraum und so zu immer besseren Trainingsleistungen getrieben. Eine völlig neue Erfahrung war es für mich auch, dass Leichtathletik hier als Team- und nicht als Individualsport angesehen wird. So wird nach jedem Training bei dem das gesamte Sprintteam anwesend war und vor jedem Wettkampf ein Teambreak gemacht, bei dem alle zusammen kommen und den „Schlachtruf“ schreien.
Ebenso wie von dem Team war ich auch von den Sportanlagen der Uni begeistert. Obwohl die Eastern mit ca. 11.500 Studenten nicht sehr groß ist, bietet sie nahezu perfekte Trainingsbedingungen für Leichtathletik. Sie hat eine blaue 9 Bahnen „outdoor“ 400m Bahn und eine 6 Bahnen „indoor“ 200m Bahn (in grau, blau, den Schulfarben) allerdings leider ohne Steilkurve, was am Anfang etwas ungewohnt zu laufen war, da die Kurve doch recht eng ist. Aber nach 3 Wochen hatte ich mich dann auch daran gewöhnt. Das Krafttraining findet in einem der zwei Krafträume der Uni statt. Eine Neuheit für mich war auch die umfangreiche Betreuung durch Physiotherapeuten. Diese reicht weit über das behandeln von Verletzungen hinaus, was aber natürlich auch zu den Aufgabengebieten zählt. Jedoch kann man auch vor oder nach dem Training zu ihnen gehen und sich dehnen oder tapen lassen.
Nach dem Training gehören Massagen zum üblichen Programm. Und um ehrlich zu sein, ohne die regelmäßigen Behandlungen wären die ersten zwei Wochen für mich der Horror gewesen, denn so konnte ich den Muskelkater, den ich am Anfang hatte, mithilfe von Eisbädern, Massagen nach dem Training und Wärmebehandlungen vor dem Training immerhin in erträglichen Grenzen halten. Ja die ersten zwei Wochen hatte ich nur Muskelkater. Der Hauptgrund dafür ist, dass ich das viele Krafttraining direkt vor den Läufen nicht gewöhnt war, da ich in Deutschland deutlich mehr auf Kraftausdauer als auf Maximalkraft Wert gelegt hatte. Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt, so dass ich das Training „genießen“ kann. Neben Sport, der allerdings meinen gesamten Nachmittag in Anspruch nimmt, studiere ich hier natürlich auch. Wie fast alle Studenten hier habe ich als Freshman nur allgemein bildende Fächer belegt habe. Da 99% des Stoffs in Deutschland schon im Gymnasium abgedeckt wurden, habe ich bisher kaum etwas neues gelernt, dafür hatte ich allerdings umso mehr Zeit mein Englisch zu verbessern, und mich einzuleben.
Der Unterricht hier an der EIU erinnert mich eher an meine Zeit am Gymnasium als an eine Uni, da die Klassen hier im allgemeinen nur ca. 30 Schüler umfassen und sich die Lehrer /Professoren die Zeit nehmen auf jede Frage einzugehen. Auch außerhalb des Unterrichts ist die akademische Betreuung hier sehr gut. So kann ich jeder Zeit mit meinen Lehrern via Email in Kontakt treten und bekomme auch an Wochenenden innerhalb von 24 Stunden eine Antwort. Da der EIU sehr viel an den guten Noten ihrer Athleten liegt, müssen alle Freshmen und Sportler die einen GPA (Notendurchschnitt) von unter 3.5 haben sogenannte „Studyhallhours“ absolvieren. Dabei sitzt man in der Woche zwischen 2-8 Stunden, je nachdem wie gut man ist, in einem extra Raum und kann dort in Ruhe lernen oder Hausaufgaben machen. Teilweise kann es allerdings relativ schwer werden diese Stunden unterzubringen, da man hier als „student athlete“ einen relativ gut ausgefüllten Tagesplan hat.
Alles in allem bin ich aber sehr froh, dass ich jetzt hier an der EIU bin, und freue mich schon darauf endlich in die outdoor Saison zu starten und dann hoffentlich im Mai den Conference Titel der EIU zu verteidigen.
Christian, „Student-Athlete“ der Eastern Illinois University